
Qualifying
Die Nacht war empfindlich kalt. Auch als die Pilotinnen und Piloten sich erstmals beim 10. Lauf der FIA European Truck Racing Championship auf dem Circuit Bugatti in Le Mans auf die Strecke begaben, bewegte sich das Thermometer noch im einstelligen Bereich. Aber auch inmitten Frankreichs ist der Sommer im Oktober vorüber, und die Truckracer haben es beim Wetter in Le Mans schon wesentlich schlechter angetroffen. Doch auch 20 Minuten nach Sonnenaufgang ließ sich die Sonne selbst gar nicht blicken, zu dicht war die Dunst- und Wolkendecke, der Asphalt entsprechend feucht, und demgemäß gingen die Truckracer beim 1. Freien Training auch erst einmal eher abwartend zur Sache. Mit 2:11,528 drehte Jochen Hahn (GER) die schnellste Runde vor seinem spanischen MAN-Markenkollegen Antonio Albacete und dem Tschechen Adam Lacko (Buggyra Freightliner). Auch zum 2. Freien Training versteckte sich die Sonne weiterhin, dennoch war der Asphalt offensichtlich weiter abgetrocknet, die Rundenzeiten verbesserten sich massiv. Mit 2:07,308 fuhr nun Albacete die Bestzeit, der alte und neue Meister, MAN-Markenkollege Norbert Kiss (HUN), war gerade mal 22 Tausendstel langsamer. Als exakt zur Mittagszeit das 1. Zeittraining anstand, kam endlich auch etwas Sonnenschein auf, die Zeiten waren noch einmal um einige Sekunden schneller. Schon in seiner ersten schnellen Runde legte Kiss 2:06,091 vor und fuhr danach gleich wieder in die Boxengasse, einfach nur um seine Reifen zu schonen. Schließlich ging es ja auch erst einmal nur darum, sich für die TopTen der SuperPole zu qualifizieren. Ihm gleich machten es anschließend auch Hahn, Lacko, MAN-Pilot René Reinert (GER), Albacete, David Vrsecky (CZE) auf Buggyra Freightliner, der Franzose Anthony Janiec (MAN), Iveco-Pilot Gerd Körber (GER) und der Tscheche Frankie Vojtisek (MAN). Sie waren sich offenbar all ihrer TopTen-Platzierung sicher. Der Rest blieb auf der Piste. Aber eigentlich konnte man es spüren, dass die Pistenverhältnisse permanent besser werden würden. Und so war Vojtisek denn auch schon bald wieder raus aus den TopTen, die beiden Damen im Feld Steffi Halm und Ellen Lohr (beide GER) hatten ihrem MAN-Markenkollegen den Rang abgelaufen. Kurz vor Schluss fuhr der Tscheche wieder auf die Strecke, und so lief nun plötzlich Körber Gefahr, noch rausgekickt zu werden, stand er doch jetzt plötzlich an 10. Position. Und in der letzten Runde war es dann auch soweit, Vojtisek nahm Körber noch einmal 4 Zehntel ab, und der Iveco-Pilot war nicht mehr für die SuperPole qualifiziert. Nach 5 Minuten Pause starteten dann die TopTen, um die Reihenfolge in den ersten fünf Startreihen unter sich auszumachen. Wieder einmal ließ Kiss keinen Zweifel aufkommen, dass er in dieser Saison der absolute Dominator in der FIA ETRC ist. Mit 2:05,459 legte der Ungar direkt eine Zeit vor, an die niemand mehr herankommen konnte. Der andere Platz in der ersten Startreihe ging an Hahn. Albacete, dessen erste schnelle Zeit wegen Verlassens der Piste gestrichen worden war, konnte sich in letzter Sekunde noch den dritten Startplatz sichern, gefolgt von Lacko, Reinert, Vrsecky, Janiec, Halm, Lohr und Vojtisek.
Rennen 1
Für den Zuschauer war es schon ein etwas außergewöhnliches Rennen, sah doch anfangs alles so aus, als würden Hahn und Kiss das Ganze unter sich ausmachen. Denn nach nur einer Runde lagen die MAN-Piloten schon mit Abstand an der Spitze, die Führung hatte Hahn. In der Schikane war der Deutsche am Polesetter Kiss vorbeigezogen. Dabei hatte Hahn aber wohl die Schikane nicht korrekt durchfahren und bekam deshalb etwas später eine Durchfahrtsstrafe verpasst. An 5. Position fügte er sich hinter Vrsecky wieder ein. Nun lag Kiss mit weitem Abstand vorn – und bekam auch eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt, auch wegen Auslassens der Schikane beim Start. Der Ungar fädelte sich allerdings hinter Albacete und Lacko aber noch vor Vrsecky an 3.Stelle wieder ein – so passierte man schließlich auch die Ziellinie. Hinter Hahn fuhr Janiec an 6. Stelle ein vor Reinert und Halm, die sich damit die Pole für das zweite Rennen sichern konnte. Die beiden letzten Punkteränge gingen an Körber und Lohr. Die Teamwertung holte sich einmal mehr Buggyra (Vrsecky / Lacko) vor Truck Sport Bernau-Albacete (Albacete / Lohr) und Oxxo-Lion (Kiss / Janiec).
Rennen 2
Als das zweite Samstagsrennen anstand waren wieder kleine Wolken aufgezogen, Regen war aber weit und breit nicht in Sicht – eigentlich war es genauso wie es die Wetterfrösche vorhergesagt hatten. Dass René Reinert aber hier in Le Mans seinen ersten Saisonsieg landen würde, das hätte wohl niemand vorhergesagt. Die Pole hatte ja der zweite Truck von Reinert-Racing mit Steffi Halm am Volant. Doch bevor das Ende der Startgeraden erreichte war, waren schon Konkurrenten an der jungen Pilotin vorbeigerauscht. Das Feld wurde nun von Reinert angeführt, direkt ihm im Nacken hingen Hahn und Kiss. Knapp dahinter lag Polesettterin Halm, und bei der klopfte schon wieder der Freightliner von Vrsecky an. Reinert zog seine Runden, spürte sicherlich auch einige Male Hahns Atem, doch allzu viel riskieren konnte der nun auch wieder nicht, wartete doch Kiss eigentlich nur darauf, dass die beiden Deutschen vor ihm sich gegenseitig in Fehler manövrieren würden. So schielte Hahn denn auch immer wieder mit einem Auge nach hinten, was wiederum Reinert zugute kam, und ihm immer mal wieder für Sekunden eine Verschnaufpause verschaffte. So ging das rundenlang, die drei lagen so eng beieinander, dass man förmlich fühlte, dass gleich etwas passieren musste – aber es passierte nichts mehr. Im Ziel trennte das Trio gerade mal 7 Zehntel. Mit etwas Abstand folgte Halm auf dem vierten Platz, den sie beherzt und mit aller Macht gegen einen ständig attackierenden Vrsecky verteidigte – bis der sich schließlich kurz vor Schluss fürchterlich verbremste. Dadurch konnte sein Teamkollege Lacko vorbeiziehen, Steffi Halms vierten Platz aber nicht mehr gefährden. Zuvor hatte sich der Tscheche lange Zeit mit Janiec gefetzt. Nach dem Rennen mussten denn auch beide Piloten zum Rapport bei der Rennkommission antreten. Offensichtlich blieb es wohl schlimmstenfalls bei Ermahnungen, am Ergebnis änderte sich jedenfalls nichts mehr. Hinter Vrsecky passierte Janiec schließlich an 7. Stelle die Ziellinie vor Albacete, Körber und Lohr, die sich den letzten Punkt sichern konnte. Auch wenn Hahn nicht der Sieg vergönnt war, für den Schwaben und sein Team muss es schon ein erhabenes Gefühl gewesen sein, dass die vier erstplatzierten Trucks alle in den Hahnschen Werkstätten enstanden sind. Mit den Plätzen eins und zwei in der Einzelwertung war Reinert Adventure (Hahn / Reinert) natürlich auch nicht der Sieg in der Teamwertung zu nehmen. Die beiden weiteren Podiumsplätze gingen an Oxxo-Lion (Kiss / Janiec) und Buggyra (Vrsecky / Lacko).
In der Championatswertung bleibt es beim Kampf um den Vizetitel weiter ausgesprochen spannend. Hinter dem Meister Kiss mit 584 Punkten liegen Hahn (428) und Lacko (427) weiterhin nur durch einen Punkt getrennt. Dahinter folgen Vsrecky (385), Albacete (359) und Reinert (254).
Quelle: www.truckracing.de