Dieser Vorbericht zum 5. Lauf der FIA European Truck Racing Championship ist zugleich auch eine Nachbetrachtung des Truck Grand Prix am Nürburgring vor acht Wochen – ja genau acht Wochen! Ohne Truckracing! Andererseits hatten die Teams, die Pilotinnen und Piloten, im Prinzip alle, die sich in der FIA ETRC engagieren, nach dem jährlichen Truckracing-Höhepunkt am Ring auch erst einmal eine Erholungspause nötig. Früher folgte nach dem Truck-Grand-Prix ja das Rennen im finnischen Alastaro, mit einer langen Fährfahrt und einer doch eher beschaulichen Rennveranstaltung, auch da kam schon immer so etwas Urlaubsfeeling auf. Als es dann später vier Jahre lang nach Russland ging, war das für alle Beteiligten nicht nur ein kleines Abenteuer, es war auch mit enormem Stress verbunden, und das direkt anschließend an den Truck Grand Prix. So ist nun niemand böse, wenn es jetzt wieder etwas geruhsamer zugeht. Tatsächlich ist der TGP ja auch das größte, erfolgreichste und wichtigste Event innerhalb der FIA ETRC. Umso bedeutsamer ist es für alle Teams und deren Sponsoren, dort präsent zu sein. Auch die Besucherzahlen zeigen deutlich, welch hohen Stellenwert der TGP hat. 123.000 waren es an diesem Wochenende, die offizielle Zahl für das F1-Rennen am Hockenheimring Ende Juli z.B. lag bei 57.000 für den Sonntag, samstags ist dort – im Gegensatz zum Truckracing – aber eben auch weniger los. Am Hungaroring hat die Formel1 allerdings noch einen ganz anderen Stellenwert als die FIA ETRC. Als im letzten Jahr die Truckracer erstmals nach einem Viertel Jahrhundert wieder ihre Zelte in Ungarn aufschlugen, merkte man dies an allen Ecken und Enden, das mache man in der F1 auch so. Doch im Truckracing geht es wesentlich lockerer und auch familienfreundlicher zu, die Truckracer sind nun mal nicht die F1. Truckracing ist nicht nur auf der Piste ein „Kontakt“-Sport, Truckracing ist grundsätzlich „Motorsport zum Anfassen“ für alle Fans, auch im Paddock. Genau das merkte Local Hero Norbert Kiss im letzten Jahr in jeder Minute. Kaum wurde der Ungar irgendwo erblickt, schon war er von seinen Fans umringt. War er auf der Piste, ertönten rund um die Rennstrecke „Norbi! Norbi!“-Chöre. Im letzten Jahr war Kiss zudem noch voll auf Meisterschaftskurs und fuhr für das ungarische OXXO-Team – das schickt in diesem Jahr nun den Engländer Ryan Smith (MAN) ins Rennen. Kiss ist in dieser Saison in das deutsche tankpool24-Mercedes-Team gewechselt, der neue RaceTruck ist noch in der Entwicklungsphase, ein Titelaspirant ist er so noch nicht, aber für einen Podiumsplatz oder für einen Sieg ist der zweimalige Champion immer gut. So ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, dass doch wieder euphorische „Norbi! Norbi!“-Rufe begeisterter Fans von den Tribünen zu hören sind. Das Championat werden aber dennoch wohl der dreimalige Europameister Jochen Hahn (MAN) und Adam Lacko (Buggyra Freightliner) unter sich ausmachen. Der junge Tscheche will nach dem letztjährigen Vizetitel nun endlich auch am Ende mal ganz oben stehen – doch momentan hat gerade mal ein Pünktchen mehr auf seinem FIA-Konto als Hahn. Also zählt jeder einzelne Punkt, doch neben dem tankpool24-Mercedes von Kiss sind da noch drei MAN-RaceTrucks, die den Favoriten das Leben schwer machen. In der Gesamtwertung liegt René Reinert (GER) derzeit – vor Kiss – auf dem dritten Platz, der Franzose Anthony Janiec auf fünf und Steffi Halm mit dem zweiten Reinert-Racing-Truck auf Position sechs. Kiss, Janiec und Halm trennen auch nur 8 Punkte, wobei die junge Deutsche auch ein Rennwochenende weniger zum Punktesammeln hatte, beim Saisonstart war ihr Truck ja noch nicht rennfertig. So wird denn auch hier um jeden Zähler gekämpft, wie eben gerade auch beim letzten Sonntagsrennen am Nürburgring. Die „Kontakte“, die es dort gegeben hat, haben ja jetzt noch acht Wochen später Auswirkungen am Hungaroring, nach dem TGP-Weekend schien das nämlich etwas untergegangen zu sein. Zunächst waren Halm und Janiec etwas aneinander geraten, und anschließend der in Führung liegende Reinert und sein Verfolger Lacko. Im Prinzip war nichts Großartiges passiert, außer dass Reinert vom ersten auf den fünften Platz zurückgefallen war. Etwas überraschender kam dann die Mitteilung, dass sowohl Halm als auch Reinert bei ihrem nächsten Rennen – also jetzt am Hungaroring – in der Startaufstellung um fünf Plätze rückversetzt würden. Insbesondere die Bestrafung für Reinert rief bei seinem Team einige Irritationen hervor, da zuvor Lacko ja auch schon das Heck des Reinert-MAN touchiert hatte und Reinert durch den späteren Kontakt mit dem Tschechen ja bereits vier Plätze verloren hatte, während Lacko die Ziellinie als Sieger passierte.
Quelle: www.truckracing.de