Qualifying
Der strahlend blaue Himmel schon am frühen Morgen ließ ahnen, auch der zweite Renntag des 6. Laufs zur FIA European Truck Racing Championship im tschechischen Most wird wieder ein ganz heißer, auch was die Temperaturen betrifft. Beim WarmUp ging es noch ausgesprochen locker zu. Mit dem Ungar Norbert Kiss, dem Deutschen Jochen Hahn (beide MAN), dem Lokalmatadoren Adam Lacko (Buggyra Freightliner) und dem Spanier Antonio Albacete (MAN) blieben nur vier Piloten unter 2:03 Minuten. Das WarmUp wird zwar mit älteren Reifen gefahren, und die hatten am Vortag bei den hohen Asphalttemperaturen von über 50 Grad extrem gelitten. Aber daran allein wird es nicht gelegen haben, man ließ es einfach locker angehen. Beim anschließenden Zeittraining, der Qualifikation der TopTen für die SuperPole, galt es aber schon die Reifen zu schonen, schließlich hatte man hier bereits die Pneus aufgezogen, mit denen man einmal um die beste Startposition fuhr, mit denen man aber auch noch die beiden heutigen Rennen bestreiten musste. So fuhren denn auch die Top-Trucks nach nur einer schnellen Runde wieder in die Boxengasse, wähnte man sich doch sicher in den TopTen für die SuperPole. Kiss und MAN-Markenkollege René Reinert (GER) legten aber dennoch zwei Runden drauf, Veränderungen gab es nicht mehr. Kiss gewann das Zeittraining mit 2:01,959 vor Albacete, Hahn, Buggyra-Pilot David Vrsecky (CZE), Lacko, einem MAN-Trio mit Steffi Halm (GER), Reinert, Frankie Vojtisek (CZE), Iveco-Pilot Gerd Körber (GER). Die deutsche MAN-Pilotin Ellen Lohr hatte den 10.Platz inne und sich damit auch für die SuperPole qualifiziert. Doch sie spürte auch den Atem der Verfolger im Nacken und blieb so bis zur letzten Sekunde auf der Piste, um zu jeder Zeit reagieren zu können, sollte doch noch jemand schneller werden. Die größte Gefahr für die Deutsche ging vom Franzosen Anthony Janiec (MAN) aus, mit dem Lohr im letzten Jahr ja zusammen in einem Team gefahren war. Die beiden MAN-Piloten Mathew Summerfield (GBR) und Sascha Lenz (GER), die beiden Deutschen aus dem tankpool24-Mercedes-Team Roland Rehfeld und André Kursim sowie der Scania-Pilot Erwin Kleinnagelvoort (NLD) hätten schon eine überragende Runde erwischen müssen, um noch den Sprung in die TopTen zu schaffen. Am Ende wusste das Team um Lutz Bernau, eigentlich hätte man Lohr schon eher in die Box holen können, denn es blieb alles so wie schon nach dem ersten Drittel des Zeittrainings. Die SuperPole begann dann mit einem kleinen Donnerschlag, Hahn legte mit 2:01,455 die absolute Bestzeit auf den Asphalt. Dem Altensteiger war klar, eine schnellere Runde würde er nicht mehr erwischen und harrte der Dinge. Tatsächlich biss sich die Konkurrenz an dieser Zeit die Zähne aus, allein Kiss schaffte noch die 2:02 Minuten-Marke zu knacken, doch der Ungar brauchte fast 4 Zehntel mehr als Hahn.
Die übrige Startreihenfolge für das erste Sonntagsrennen bildeten Albacete, Lacko, Vrsecky, Reinert, Halm, Körber, Lohr und Vojtisek.
Rennen 1
Hätte man am Meer im Sand gelegen, wäre man sicherlich über das Wetter begeistert gewesen, aber für eine Sportveranstaltung war es schon ein bisschen zu warm. Im Schatten waren es schon weit über 30 Grad, der Asphalt auf der Startgeraden war 50 Grad heiß, und für die Dachterrasse des Presszentrums zeigte das Thermometer gar 58 Grad. In den Kabinen der RaceTrucks wird es auch über 60 Grad gewesen sein, standen sie doch bei dem wieder stark besuchten Gridwalk gut eine dreiviertel Stunde in der Sonne.
Die Truckracer behielten aber dennoch kühlen Kopf, allen voran Polesetter Hahn. Der MAN-Pilot setzte sich gleich an die Spitze und gab sie bis zum Zieleinlauf auch nicht mehr ab. Hinter ihm reihten sich gemäß der Startaufstellung Kiss und Albacete ein.
Dieses Trio setzte sich schon gleich etwas von den Verfolgern ab, und damit war das Podium auch schon vergeben. Lacko und Vrsecky waren sich etwas ins Gehege gekommen und hatten gleich den direkten Kontakt zur Spitze verloren. Lacko musste dann noch Reinert und Körber vorbei ziehen lassen, die nun ihrerseits wieder Vrsecky bedrängten. Wenige Runden vor Schluss verbremste sich der Tscheche in der Spitzkehre ganz auf der anderen Seite des Autodroms. Der Buggyra rutschte mit stehenden Rädern weit nach außen, die beiden Deutschen zogen innen an Vrsecky vorbei. Reinert kam schließlich an vierter Position durchs Ziel und Körber an fünfter. In der letzten Runde musste Lacko auch noch Lohr passieren, die so hinter Vrsecky auf den siebten Platz fuhr. Mit dem achten Rang sicherte sich Lacko schließlich die Pole für das letzte Rennen. An neunter und zehnter Stelle passierten Summerfield und Janiec die Ziellinie. Da der Engländer aber an keinem der ersten fünf Saisonläufe teilgenommen hat, kann er auch keine Punkte mehr bekommen. So wurden Janiec die Punkte für den neunten und dem elftplatzierten Rehfeld der letzte Zähler für den zehnten Platz gutgeschrieben. Ganz so locker wie es sich anhört verlief das Rennen aber schließlich doch nicht. Im Mittelfeld hatte es beim Start sehr harte Kontakte gegeben, in deren Folge sich der MAN von Vojtisek drehte. Halm und Rehfeld krachten in den Renntruck des Tschechen. Während die junge Deutsche mit stark gezeichnetem Truck ans Ende des Feldes zurückfiel, konnte Rehfeld mit demolierter Windschutzscheibe und stark eingedellter Front das Rennen gleich fortsetzen. Steffi Halm setzte dann zu einer furiosen Verfolgungsjagd an. Mit 2:04,692 fuhr sie gar eine der ganz schnellen Rennrunden, im Bereich der Zeiten der Spitzengruppe. Doch der Abstand war zu groß – und nicht zuletzt kollidierte die MAN-Pilotin in der vorletzten Runde auch noch mit Janiec, und wurde so ein weiteres Mal zurückgeworfen. Mehr als der 12. Platz vor Lenz und Kleinnagelvoort war da am Ende nicht mehr drin. Ganz großes Pech hatte Andre Kursim. Nach seinem Motorschaden schon am Freitag beim WarmUp zu den Pressefahrten, erwischte es ihn nun erneut. Schwer enttäuscht musste er seinen Mercedes nach nur drei Runden in der Boxengasse abstellen. Die Teamwertung holte sich Reinert Adventure (Hahn / Reinert) vor Oxxo-Lion (Kiss / Janiec) vor TruckSport Bernau-Albacete (Albacete / Lohr).
Rennen 2
Es blieb so brutal heiß, kaum ein Lüftchen wehte. Ganz beliebt waren Plätze im Schatten oder solche mit Wind, die beliebtesten waren bei den insgesamt mehr als 90.000 Zuschauern natürlich Schattenplätze mit Wind. Davon konnten die Truckracer allerdings nur träumen. Die Sonne brannte unbarmherzlich in ihre Kabinen, obwohl es schon fast auf den frühen Abend zuging. Polesetter Lacko übernahm gleich die Führung. Ellen Lohr, auch aus der ersten Startreihe ins Rennen gegangen, ging die Schikane kurz nach dem Start – einmal 90 Grad rechts, dann wieder 90 Grad links – etwas ungünstig an, das betrachtete der hinter ihr liegende Vrsecky direkt als Einladung und zog vorbei. Nach wenigen Hundert Metern gab es unter dem riesigen Jubel der Fans also schon eine Buggyra-Doppelführung. Hinter Lohr hatten sich Körber und Reinert einsortiert, dahinter folgte das restliche Feld.
Als es wieder in die Schikane ging, nahmen Einzelne diese scheinbar etwas anders als die Verfolger es erwartet hatten. Es wurde extrem hart abgebremst, es krachte, gerade Reinert und Körber waren massiv betroffen. Die Piste war blockiert, folglich donnerte die RaceTruck-Meute durchs Kiesbett, und danach sortierte man sich wieder neu ein. Das Feld war nun weit auseinander gezogen. Die beiden Buggyra-Piloten lagen weiter an der Spitze, mit Abstand folgte Lohr und dann kamen schon Hahn und Steffi Halm. Ganz, ganz weit hinten folgten schließlich Reinert und Körber. Halm hatte aber schon bald Kiss im Nacken, und diesmal konnte die junge Schwäbin den Ungarn in seinem Vorwärtsdrang nicht stoppen. Ähnlich erging es Ellen Lohr mit Hahn zwei Plätze weiter vorn, auch sie hatte dem eindeutig schnelleren Konkurrenten nichts entgegenzusetzen. Während Lacko vorn einen Vorsprung von drei bis vier Sekunden hatte, holten Hahn und Kiss langsam aber stetig auf Vrsecky auf. Am Ende rettete der Tscheche den zweiten Buggyra-Doppelsieg des Wochenendes mit etwas mehr als einer Sekunde vor Hahn ins Ziel, der selbst schon den Atem von Kiss im Nacken spürte. Gerade mal 5 Zehntel lag der Titelverteidiger bei der Zieldurchfahrt noch hinter dem Deutschen. Lohr hatte zwischenzeitlich noch eine Durchfahrtsstrafe absolvieren müssen, so fiel die MAN-Pilotin auf den achten Platz zurück, noch hinter Albacete und Janiec. Doch die zweite Dame im Starterfeld, Steffi Halm, konnte ihren nun 5. Rang unbehelligt nach Hause fahren. Reinert und Körber hatten sich peu a peu wieder nach vorn gekämpft. Reinert kam schließlich auf der 9. Position ein vor Rehfeld. Dessen tankpool24-Mercedes hatte – nach Rücksprache mit dem FIA Tecnic Delegate – nur notdürftig repariert werden können. Die defekte Scheibe wurde im Beifahrerbereich mit Powerband stabilisiert, auch der Rest war nicht gerade eine Augenweide, doch Rehfeld fuhr damit erneut in die Punkte. Für Körber blieb da nur der undankbare 11. Platz – bis die RaceKommission gesprochen hatte. Albacete hatte eine Durchfahrtsstrafe nicht angetreten und bekam nun ersatzweise 30 Strafsekunden aufgebrummt. Das hieß für den Spanier raus aus den Punkten, Janiec, Lohr, Reinert und Rehfeld rückten jeweils um einen Platz vor – und Körber holte sich so doch noch einen Zähler. Anschließend gab es noch lange Diskussion. Beobachter scherzten, auf dem Flur vor dem Büro der Rennkommissare habe es fast ausgesehen wie beim Drivers’ Briefing, so viele Piloten mussten dort zum Rapport antreten. Am Ergebnis änderte sich aber nichts mehr. Die Teamwertung ging natürlich an Buggyra (Vrsecky / Lacko) vor Oxxo-Lion (Kiss / Janiec) und Reinert Adventure (Hahn / Reinert). In der Championatswertung liegt Kiss weiter mit nun 374 Punkten an der Spitze gefolgt von Lacko (298), Hahn (275), Vrsecky (242), Albacete (219) und Reinert (150).
Bilder
[Best_Wordpress_Gallery id=“39″ gal_title=“06. Most – Sonntag“]Quelle: www.truckracing.de