Qualifying
Nachdem die Wetterfrösche bei der Vorhersage für den gestrigen Samstag so ziemlich daneben gelegen hatten – statt des versprochenen Sommerwetters gab es einen total zugezogenen Himmel und gelegentlich auch leichten Regen – hoffte man auch für den zweiten Tag des 9. Laufs zur FIA European Truck Racing Championship auf dem Circuito del Jarama nördlich der spanischen Hauptstadt Madrid auf eine Fehlprognose. Doch diesmal sollten die Meteorologen richtig liegen. Beim morgendlichen Warm-Up lagen die Rundenzeiten denn auch um mehr als eine halbe Minute über denen vom Vortag. Schnellster war Buggyra Freightliner-Pilot Adam Lacko (CZE), gefolgt vom MAN-Duo Norbert Kiss (HUN) und Antonio Albacete (ESP). Als dann eine Stunde später das 2. Zeittraining anstand, war der leichte Regen eher noch stärker geworden. Doch nun ging es ja nicht mehr nur darum, sich warm zu fahren, es galt sich für die TopTen zur SuperPole zu qualifizieren. Lacko und Kiss fuhren nach ihrer ersten schnellen Runde in die Boxengasse, wähnten sie sich wohl schon sicher unter den TopTen – alle anderen blieben aber auf der Strecke. Die Pistenverhältnisse verbesserten sich zusehends, die Rundenzeiten wurden immer besser, das Klassement wurde erheblich durcheinander gewürfelt. Gut zwei Minuten vor Schluss fuhren dann auch Lacko und Kiss wieder raus, verbesserten sich noch einmal massiv, auch wenn sie nicht mehr an die Bestzeit von Albacete, 2:24,902, herankamen; Lacko war um 4 Hundertstel langsamer. Dennoch lagen auch diese Zeiten rund 27 Sekunden über ihren gestrigen Bestzeiten. Dritter wurde Kiss vor dem MAN-Quintett René Reinert (GER), Anthony Janiec (FRA), Jochen Hahn, Steffi Halm (beide GER), Frankie Vojtisek, dem Buggyra-Piloten David Vrsecky (beide CZE) und dem Deutschen Sascha Lenz (MAN), die sich für die anschließende SuperPole qualifiziert hatten. Hier fuhr Lacko gleich mal eineinhalb Sekunden schneller als im Zeittraining, doch Albacete konterte sofort – und nahm Lacko eine ganze Sekunde ab. Das wiederum ließ Kiss nicht ruhen, der Ungar legte noch einmal eine Schüppe drauf und fuhr 2:22,389. Da kam dann niemand mehr heran. Neben Polesetter Kiss liegt nun Albacete in der Startaufstellung für das erste Sonntagsrennen gefolgt von Lacko, Reinert, Vrsecky, Janiec, Lenz, Vojtisek, Halm und Hahn. Als die Startaufstellung schließlich ausgefahren war, die Pilotinnen und Piloten für die Ehrenrunde in den offenen Bus stiegen, lugten tatsächlich doch einzelne Sonnenstrahlen durch die dichte Wolkendecke.
Rennen 1
Nach der Ehrenrunde der Pilotinnen und Piloten mit dem offenen Bus über die Rennstrecke, die sich etwas gezogen hatte, kamen manche der Truckracer schon ein wenig in Stress, bevor es ins erste Tagesrennen ging. Denn vor dem Start hat jeder ja eine ganz unterschiedliche Vorbereitungsstrategie. Das Wetter hielt sich, es war nicht schön, aber auch nicht schlecht. Im ersten Rennen des Tages setzte sich Polesetter Kiss gleich an die Spitze, und es sah ganz nach einem Alleingang des Ungarn aus. Doch Albacete wusste, was er seinen Fans schuldig ist. So hielt sich der Spanier dann auch gar nicht aus lauter Ehrfurcht vor dem alten und neuen Meister zurück, sondern attackierte insbesondere in den Schlussrunden immer wieder. Aber auch jetzt galt der Grundsatz, Heranfahren ist eine Sache, Überholen eine ganz andere. So brachte Kiss schließlich seinen zweiten Wochenendsieg mit gerade einmal etwas mehr als zwei Zehntel Vorsprung ins Ziel. Lacko fuhr von Anfang an ganz ungefährdet auf dem 3. Podiumsplatz, nach hinten abgesichert durch seinen Teamkollegen Vrsecky, nachdem der Tscheche hatte Reinert überholen können. Der wiederum hatte dann auch noch gleich Janiec, Hahn und Halm passieren lassen müssen. So schien denn auch die Startreihenfolge für das Schlussrennen mit dem achtplatzierten Reinert auf Pole festzustehen. Doch kurz vor Schluss zog Halm in einer lang gezogenen Linkskurve, als der MAN von Hahn sehr weit nach außen driftete, innen an ihrem schwäbischen Landsmann vorbei. So passierte schließlich Steffi hinter Janiec mit 4 Zehntel Vorsprung vor ihrem schwäbischen Landsmann Hahn als Sechste die Ziellinie.Die beiden letzten Punkteränge gingen an die beiden Deutschen Ellen Lohr und Lenz. Wie schon am Vortag holte sich auch diesmal wieder Oxxo-Lion (Kiss / Janiec) den Sieg in der Teamwertung des ersten Tagesrennen vor Buggyra (Vrsecky / Lacko) und Bernau-Albacete (Lohr / Albacete).
Rennen 2
Pünktlich zum letzten Rennen des Wochenendes begann es zu regnen, nicht stark, aber dennoch hatte die Piste so ihre Tücken. Zumindest wurde den 25.500 Zuschauern zum Abschluss noch ein richtiges Spektakel geboten.
Hahn ging gleich an Polesetter Reinert vorbei und übernahm die Führung, Vrsecky schoss auf die 3. Position vor, ebenso wie auch Albacete gleich mehrere Plätze gutmachte. So hatte Lacko nun Kiss im Nacken.
Hahn fuhr von Anfang mit großem Abstand sein eigenes Rennen, hinter dem Altensteiger knubbelte es sich aber.
Infolge dieser Häufung diverser Renntrucks auf engstem Raum gerieten Lacko und Kiss in der 3. Runde eingangs der fast 180 Grad Kehre „Le Mans“ heftig aneinander. Der Buggyra des Tschechen donnerte in den Reifenstapel und kam dann auch schon wieder auf die Piste zurück. Lacko hatte zwar einige Plätze verloren, konnte aber offensichtlich problemlos weiterfahren. Allerdings hatte er bei seinem ungewollten Ausflug in die Botanik ein kleines Schlachtfeld hinterlassen. Die Kurve war übersät von Kies und Sand, aus der geschlossenen Reifenmauer war ein Durcheinander aus zig Einzelreifen geworden. Der Rennabbruch war unvermeidlich. Bis alles gesäubert und wieder hergerichtet war verging die Zeit. Mit nahezu rund dreiviertel Stunden Verspätung ging es dann schließlich weiter. Zwischenzeitlich war der kleine Schauer abgeklungen, der Neustart erfolgte auf trockener Piste entsprechend der Zieldurchfahrt nach der 2. Runde, und am Ende wurden die Zeiten der beiden einzelnen Rennen zusammengerechnet. Für die Zuschauer häufig nicht ganz einfach zu überschauen, denn oft entspricht der letzte Zieleinlauf nicht unbedingt dem Gesamtergebnis. Erneut schoss Hahn an die Spitze und hatte nach kurzer Zeit schon einen enormen Vorsprung herausgeholt, denn seine Verfolger behinderten sich gegenseitig. Nach nur zwei Runden war Albacete unter dem Jubel der Fans an Reinert vorbei an die zweite Position vorgezogen, hatte in seinem Schlepptau aber auch gleich Kiss mitgenommen. Und diese beiden lieferten sich dann einen Fight auf Biegen und Brechen, der den Fans gefiel, solange Albacete die Oberhand behielt, den aber eigentlich niemand richtig verstehen konnte. Kiss ist Meister mit einem unglaublichen Vorsprung, und Albacete könnte eventuell aber auch nur mit viel Glück noch Vierter in der Meisterschaft werden, die Podiumsplätze sind für ihn aber realistisch nicht mehr erreichbar. Und so kam es, wie man es eigentlich nicht hatte haben wollen. Im Scheitelpunkt der Farina-Kurve, ebenso eine beinahe 180-Grad-Kehre wie die nur rund hundert Meter vorher liegende Kurve Le Mans gerieten die beiden MAN-RaceTrucks aneinander, Kiss innen, Albacete außen. Der Spanier drehte sich um die eigene Achse, der Ungar stand weiter in Fahrtrichtung. Nachdem sich die beiden Trucks wieder getrennt hatten, nahm Kiss sofort die Verfolgung der beiden zwischenzeitlich vorbeigezogenen Reinert und Lacko auf, während Albacete seinen Truck erst einmal zeitaufwändig wieder in Fahrtrichtung bugsieren musste. Hahn auf dem ersten Platz, das schien schon kurz nach dem Start klar, aber Reinert und Lacko auf den weiteren Podiumsplätzen, damit hatte wohl niemand gerechnet. Kiss passierte schließlich unter dem gellenden Pfeifkonzert der Fans rund eine Sekunde hinter Lacko an 4. Position die Ziellinie, Albacete kam mit etwas Abstand als Fünfter ein. Durch diese Dramatik im Duell der beiden MAN-Piloten kam der enge Kampf der Verfolgergruppe auf den restlichen Punkterängen gar nicht mehr so richtig zur Geltung. Tatsächlich trennten den Buggyra von Vrsecky und die vier MAN von Lenz, Janiec, Lohr und Halm auf den Plätzen sechs bis zehn beim Zieleinlauf gerade etwas mehr als 7 Sekunden. Damit war das Ganze aber noch nicht ausgestanden. Offensichtlich während das Rennen noch lief, bekam Kiss wegen der Karambolage mit Albacete schon eine 30-Sekunden-Strafe verpasst, diese tauchte auch schon auf dem Live-Timing-Monitor direkt nach der Zieldurchfahrt auf. So fiel der Ungar auf den 11. Platz zurück, und Vojtisek konnte den letzten Punkt einheimsen. Die Teamwertung ging nach diesem Doppelsieg natürlich klar an Reinert Adventure (Hahn / Reinert) vor Buggyra (Vrsecky / Lacko) und Bernau-Albacete (Lohr / Albacete). In der Meisterschaftswertung liegen hinter dem Champion Kiss mit 560 Punkten Hahn (405) und Lacko (404) weiterhin nur einen Punkt auseinander, gefolgt von Vrsecky (369), Albacete (336) und Reinert (230).
Quelle: www.truckracing.de