Qualifying
Am frühen Morgen musste sich die Sonne – Sonnenaufgang war 6:17 Uhr – noch durch einen bewölkten Himmel kämpfen, doch nach und nach wurde es wieder ein richtiger südfranzösischer Sommertag am Circuit Paul Armagnac in Nogaro. Bevor es aber so richtig losging mit dem 4. Lauf zur FIA European Truck Racing Championship schwärmten noch einmal alle Beteiligten und Fans von dem großen Korso am Vorabend durch die engen Sträßchen und Gassen von Nogaro, von denen einige normalerweise gar für Trucks gesperrt sind – doch die örtlichen Behörden und die Polizei machten es möglich. Denn es mussten ja auch Teile von Nogaro abgesperrt werden, damit die große Fete inmitten des 3.000-Seelen-Örtchens steigen konnte. Auf die Unterstützung der Polizei konnte die Truckracer-Community am heutigen Samstagmorgen dann noch einmal bauen. Um den Start des Engländers Ryan Smith hatte es massive Missverständnisse gegeben. Smith hatte sich – allerdings sehr kurzfristig und relativ spät – als Race-by-Race-Pilot bei der FIA auch für die Rennen in Nogaro angemeldet, und so war er auch auf der FIA-Entrylist aufgeführt. Als das Smith-Team am Donnerstagabend immer noch nicht eingetroffen war, rief Jochen Hahn, von dem Smith ja den Race-MAN gekauft hat, den Piloten an und erfuhr, dass die Engländer nach der üblichen FIA-Antwort – vorbehaltlich der endgültigen Bestätigung – und keiner weiteren Information gemeint hatte, man sei mit der Meldung zu spät gewesen. Smith sagte aber auch, im Prinzip sei alles schon für die Fahrt zum Nürburgring gepackt, eigentlich könne man direkt starten und hoffe in der Nacht von Freitag auf Samstag in Südfrankreich zu sein. Das war das Team dann zwar auch, doch rund 30 Kilometer vor Nogaro hatte man sich gleich zwei Reifenplatzer am Trailer eingefangen, aber nur einen Ersatzreifen dabei. Und da sprachen TRO-Präsident und FIA-Koordinator Fabien Calvet und die Organisation der Rennstrecke noch einmal die Polizei an, die sich schon am Vorabend so hilfsbereit gezeigt hatte. Mit Polizeimotorrädern vorn und hinten fuhr Smith dann seinen RaceTruck tatsächlich über die Landstraße bis ins Paddock, während seine Crew noch auf den Reifenservice wartete. Pünktlich zur ersten Qualifikation stand der hellblaue MAN nach der technischen Abnahme startbereit in der Boxengasse. Beim morgendlichen Warm-Up hatte der Spanier Antonio Albacete (MAN) mit einer Zeit von 1:52,568 die Konkurrenten überrascht. Auch im Zeittraining, der Qualifikation, fuhr Albacete ganz nach vorn. Doch der beherrschende Fahrer der bisherigen Saison, Titelverteidiger Norbert Kiss (MAN) aus Ungarn, zeigte einmal mehr, warum er die meisten Punkte auf dem Konto hat, mit 1:52,134 setzte er sich klar von seinen Konkurrenten ab. Neben Kiss und Albacete qualifizierten sich für die SuperPole der Top-Ten auch MAN-Pilot Jochen Hahn (GER), die beiden Tschechen David Vrsecky und Adam Lacko (Buggyra Freightliner) und eine MAN-Armada mit René Reinert (GER), Anthony Janiec (FRA), Ellen Lohr und Steffi Halm (beide GER) sowie Smith. Nach seiner strapazenreichen Anreise startete der Engländer erstmals auf dem Circuit Paul Armagnac und fuhr gleich in die Top-Ten. In der SuperPole sah es bis zur letzten Runde nach einer kleinen Sensation aus, an der Spitze lag Lacko – allerdings auch mit einer Zeit von über 1:53. Im letzten Moment kamen Kiss mit 1:52,717 und Hahn dann doch noch in die Puschen, wobei beide nicht mehr ihre vorherigen Zeiten erreichten, ebenso wenig wie Albacete, dem mit seiner WarmUp-Zeit die Pole sicher gewesen wäre. Hinter Kiss und Hahn, fuhren Lacko und Albacete in die zweite Startreihe gefolgt von Vrsecky, Reinert, Halm, Lohr, Janiec und Smith. Rund eineinhalb Stunden später gab es einen Nachtrag. Kiss war seine schnellste Runde wegen Behinderung eines anderen Piloten gestrichen worden. Die Pole ging nun an Hahn vor Lacko, Albacete und Kiss, die restliche Startaufstellung blieb wie zuvor.
Rennen 1
Als sich die RaceTrucks zum ersten Rennen aufstellten war das Thermometer auf angenehm erträgliche 25 Grad gestiegen – im Schatten natürlich. In der Sonne war es richtig heiß, der Asphalt auf der Startgeraden hatte sich gar auf 54 Grad aufgeheizt. Wer nun gedacht hatte, für Polesetter Hahn ginge es vornehmlich darum, den eine Reihe hinter ihm startenden Kiss unter Kontrolle zu halten, sah etwas verwundert, wie Lacko im Kurvengeschlänge nach dem Start ständig neben Hahn hing, und als es dann auf die lange Gegengerade ging, gar die Führung übernahm. Kiss hatte Albacete zwar die dritte Position abgejagt, doch die beiden ganz vorn, konnte der Ungar nicht attackieren. Das Führungsquartett setzte sich schnell etwas von den Verfolgern ab. Unerwartet konnte der zweite Buggyra mit Vrsecky am Steuer das Tempo der Spitze nicht halten. Stattdessen attackierte Reinert immer wieder mal den Tschechen, ohne allerdings vorbeiziehen zu können. Etwa zur Hälfte des Rennens war aus dem Quartette an der Spitze dann ein Duo geworden, bestehend aus Lacko und Hahn. Auch Kiss war etwas zurückgefallen, Albacete hatte noch größeren Abstand. Im vorderen Mittelfeld setzte Reinert weiter Vrsecky heftig zu, während Halm sich direkt an ihren Teamkollegen Reinert hielt. Hätten die beiden Kampfhähne vor ihr sich gegenseitig von der Piste gedrängt, wäre sie wohl die lachende Dritte gewesen. Doch soweit kam es dann doch nicht. Hinter Halm dagegen musste sich Lohr der permanenten Attacken ihres letztjährigen Teamkollegen Janiec erwehren, und kurz vor Schluss war es dann auch soweit. Unter dem Beifall seiner Landsleute zog Janiec tatsächlich an seiner deutschen MAN-Markenkollegin vorbei. Eine wirklich unerwartete Wendung gab es dann in der vorletzten Runde. Hahn setzte noch einmal zum Angriff auf Lacko an, erneut allerdings vergeblich, doch der drittplatzierte Kiss wurde plötzlich sichtbar langsamer. Über Funk war von Lenkungsproblemen die Rede. Nach und nach zogen die Verfolger am Ungarn vorbei, am Ende musste er sich hinter den Dreien auf dem Podium, Lacko, Hahn und Albacete, dem wieder einmal viertplatzierten Vrsecky sowie Reinert und Halm mit dem 7. Rang zufrieden geben. Den 8. Platz und damit die Pole für das Folgerennen ging an Janiec, die beiden letzten Punkteränge sicherten sich Lohr und Smith. Die Teamwertung holte sich Buggyra (Vsrecky / Lacko) vor Reinert Adventure (Hahn / Reinert und Team Bernau-Albacete (Albacete / Lohr).
Rennen 2
Das hochsommerliche Wetter hielt weiter an, auch wenn die 30-Grad-Marke nicht ganz geknackt wurde, die Asphalttemperatur kletterte stellenweise auf 55 Grad. Dagegen ging es im zweiten Rennen sehr viel cooler zur Sache, zumindest bis zur vorletzten Runde. Schon bevor es nach dem Start in die erste Kurve ging, hatte Kiss den Polesetter Janiec von der Spitze verdrängt – und was danach folgte war eigentlich nicht mehr erklärbar. Nach einer Runde hatte der Ungar schon acht bis zehn Längen Vorsprung, im Ziel waren es dann unglaubliche 23 Sekunden. Mit diesem eindrucksvollen Start-Ziel-Sieg untermauerte der Ungar seine Titelambitionen. Hinter Kiss ging es dagegen sehr eng zu. Janiec, der die Verfolgergruppe anführte, war eigentlich mehr damit beschäftigt, seine eigenen Verfolger in Schach zu halten, statt Kiss zu folgen. Und so bildete sich hinter dem Franzosen eine Reihe mit Reinert, Albacete, Lacko, Vrsecky und Hahn, die immer mal wieder Stossstangen-Kontakt zum Vordermann aufnahmen. Mit etwas Abstand beobachteten die beiden einzigen Damen im Feld, Steffi Halm und Ellen Lohr, was sich da vor ihnen so abspielte. Aber wirklich Entscheidendes passierte nicht, bis eben zur vorletzten Runde. In einem von manchen Beobachtern als sehr grenzwertig beurteilten Manöver drückte sich Albacete an Reinert vorbei, wobei der Lausitzer gleich um mehrere Plätze zurückfiel, der Spanier dagegen hatte nun einen Podiumsplatz. Mit einer halben Sekunde Vorsprung passierte Janiec schließlich Ziellinie, während Albacete seinen 3. Platz um gerade mal eine Zehntel vor Lacko ins Ziel rettete. Hinter Vrsecky kam Hahn an 6. Stelle ein vor Reinert, der ob der Albacete-Aktion unheimlich sauer war. Die übrigen drei Punkteplätze holten sich Halm, Lohr und Smith. Die Teamwertung ging ganz überlegen an Oxxo-Lion (Kiss / Janiec) vor Buggyra (Vrsecky / Lacko) und Team Bernau-Albacete (Albacete / Lohr). Im Fahrerchampionat liegt Kiss mit 233 Punkten weiterhin klar in Führung vor Lacko (185), Hahn (168), Vrsecky (139), Albacete (134) und Reinert (75).
Bilder
[Best_Wordpress_Gallery id=“26″ gal_title=“04. Nogaro – Samstag“]Quelle: www.truckracing.de