Qualifying
Auch am ersten Tag des Finales zur FIA European Truck Racing Championship lag eine dicke Wolkendecke über dem Circuit Bugatti in Le Mans. Nach dem Wetterradar liegt ein dichtes Wolkenband quer über der Mitte Frankreichs. Ob man heute in Le Mans noch einmal die Sonne sehen wird, ist eher zweifelhaft. Die Pilotinnen und Piloten der FIA ETRC brauchen keine Sonne, sie hoffen nur, dass es trocken bleibt – zumindest die meisten. Um kurz nach acht schwangen sie sich bei knapp über 10 Grad schon ins Cockpit, es wurde gerade hell – einen richtigen Sonnenaufgang gab es ja nicht. Das Duell zwischen MAN-Pilot Jochen Hahn (GER) und dem Tschechen Adam Lacko (Buggyra Freightliner), das die Läufe der FIA ETRC seit dem Saisonauftakt beherrscht, fand dann auch im 1. Freien Training seine Fortsetzung. Lacko war schließlich 2 Zehntel schneller. Aber solche Zeiten sind doch von relativ geringer Aussagekraft, das sah man dann auch rund zwei Stunden später beim 2. Freien Training. Denn nun lag der ungarische Titelverteidiger Norbert Kiss mit seinem tankpool24-Mercedes in Front, der sich gleich um 3 Sekunden verbesserte. Doch auch Hahn und Lacko legten noch einmal zu und hatten nur eine Zehntel beziehungsweise drei Zehntel Abstand zum Ungarn. Überhaupt war die Piste in der Zwischenzeit wohl erheblich griffiger geworden, es verbesserten sich alle Pilotinnen und Piloten – und das größtenteils ganz massiv und fast alle in den letzten Runden. Als mittags dann das 1. Qualifying anstand, war die Wolkendecke nicht mehr ganz so dicht, die Temperaturen waren auf 15 Grad gestiegen und die Zeiten purzelten nur so. Als sehr optimistisch zeigte sich Lacko, obwohl er erheblich langsamer war als in den beiden Freien Trainings, fuhr er gleich in die Boxengasse, allerdings nur mit der sechstbesten Zeit. Aber auch Hahn legte schon nach nur einer schnellen Runde eine Ruhepause ein, er hatte mit 2:07,005 auch die absolute Bestzeit gefahren. Den beiden Topfavoriten gleich taten es Kiss, Steffi Halm (MAN), Gerd Körber (Iveco), René Reinert (MAN) – alle GER – und der Franzose Antony Janiec (MAN). Dreieinhalb Minuten vor Schluss gab es dann die Rote Flagge, der Holländer Erwin Kleinnagelvoort war an einer äußerst prekären Stelle im Kies gelandet. Bis sein Scania geborgen und die Strecke wieder frei gegeben worden war, vergingen rund 20 Minuten. Außer den sieben Vorgenannten blieben von den zu dem Zeitpunkt zehn Zeitschnellsten für die SuperPole auch der deutsche MAN-Pilot Sascha Lenz und der Tscheche Jiri Forman (Buggyra Freightliner) in der Boxengasse, Mercedes-Pilot John Hemming (FIN) sowie Ellen Lohr (GER), John Brereton (GBR) und Frankie Vojtisek (CZE) – alle MAN – gingen noch einmal auf die Strecke, und sie verbesserten sich auch. Forman hatte möglicherweise keinen Überblick mehr, ihm war die schnellste Runde zwischenzeitlich gestrichen worden, und so verlor er kampflos seinen TopTen-Platz. Während Lohr nun sowieso schon unter den zehn Zeitschnellsten war, konnten sich Brereton und Vojtisek noch einmal verbessern – doch nur der Brite schaffte noch den Sprung in die SuperPole. Und hier holte Hahn dann gleich mal den Hammer raus: 2:05,990, das war ein echter Schock für die Konkurrenz. Auch alle anderen fuhren Bestzeiten, doch Kiss lag 6 Zehntel, Lacko 8 Zehntel hinter dem Deutschen. Und dann versuchten es die beiden noch einmal, Lacko konnte sich tatsächlich noch steigern, rückte bis auf eine Zehntel an Kiss heran – und dann kam Reinert. Mit gerade mal 6 Tausendstel mehr als Kiss holte er sich den dritten Startplatz. Hinter Lacko fuhr Halm auf die 5. Position vor Janiec, Körber, Lenz, Lohr und Brereton.
Rennen 1
Der Himmel blieb weiter stark bewölkt, doch bei Jochen Hahn und seinem Team herrschte eitel Sonnenschein. Mit einem eindrucksvollen und hoch überlegenen Start-Ziel-Sieg holte sich der MAN-Pilot seinen vierten Meistertitel. Da Kiss vor Lacko auf den zweiten Platz fuhr, gewann der Tscheche nur 12 Punkte, Hahn deren aber 20. Damit hat der Altensteiger nun 43 Zähler mehr auf seinem FIA-Konto. Wenn Lacko nun alles gewinnen sollte, kann er aber nur noch 40 gewinnen. Am Anfang sah es kurzfristig so aus, als könne Kiss dem Polesetter Hahn die Führung entreißen, doch dann setzte sich der MAN-Pilot doch durch und gewann unheimlich schnell an Abstand. Lacko hatte Reinert die 3. Position abjagen können, plötzlich lag sogar der Brite Brereton ganz überraschend an 4. Stelle. Allerdings hatte der MAN-Pilot in einer Schikane schwer abgekürzt, einige Runden später folgte auch die Durchfahrtsstrafe. Der Brite fiel so auf den 10. Platz zurück. Körber war zwischenzeitlich sogar ganz ausgefallen. Der Deutsche hatte eine äußerst unangenehme Begegnung mit Janiec, und während der Franzose mit seinem heftig gezeichneten MAN das Rennen fortsetzen konnte, bog der Iveco-Pilot mit stark beschädigter Hinterachse in die Boxengasse ab, an Weiterfahrt war nicht mehr zu denken. Derweil wurde der Vorsprung von Hahn immer größer, wenn jetzt nichts mehr passieren würde, war ihm der Titel nicht mehr zu nehmen – und es passierte ja auch nichts mehr. Reinert versuchte zwar weiterhin von Lacko den dritten Platz wieder zurückzuerobern, doch nach zwei Dritteln des Rennens sah er wohl keine Erfolgsaussichten mehr für sein Unterfangen und hielt sich dann merklich zurück. Schließlich war er ja schon Teammeister, und wenn sein Reinert Adventure-Teamkollege Hahn jetzt auch noch den Fahrertitel gewinnen würde, reichte es dem Unternehmer aus der Lausitz offensichtlich völlig. Der zweite Reinert Racing-MAN mit Steffi im Cockpit Halm fuhr ungefährdet auf dem 5. Rang ein vor Janiec. Um die 7. Position gab es rundenlang einen etwas härteren Fight zwischen Ellen Lohr und ihrem MAN-Markenkollegen Lenz. Auch Lenz steckte dann irgendwann zurück, zumal ihm mit dem 8. Platz ja auch die Pole für das zweite Rennen sicher war. Die beiden letzten Punkteränge holten sich schließlich Forman und eben Brereton. Die Teamwertung ging einmal mehr an den schon feststehenden Champion Reinert Adventure (Hahn / Reinert) vor Buggyra (Lacko / Forman) und tankpool24 (Kiss / Kursim). Mit dem Mercedes-Piloten André Kursim steht bereits der (erste) Pechvogel des Wochenendes fest. Nach ansprechenden Ergebnissen in den Freien Trainings erlitt sein RaceTruck einen irreparablen Motorschaden im Qualifying, damit hat sich das Rennwochenende für den jungen Deutschen erledigt. Nachdem der Titel nun vergeben ist, konzentriert sich das Interesse auf die weitere Platzierung in der Fahrerwertung. Dritter ist weiterhin Reinert mit 20 Punkten Vorsprung vor Steffi Halm, Kiss wiederum hat allerdings nur zwei Zähler weniger auf seinem Konto als die junge Deutsche.
Rennen 2
In dem wohl unfallträchtigsten Rennen der Saison siegte Lokalmatador Anthony Janiec, der Jubel insbesondere der anderen Teams hielt sich aber eher in Grenzen. Denn seine etwas zu „optimistische“ Fahrweise war schließlich ursächlich für den ersten der beiden Unfälle. Der ganze Zeitplan war eh schon etwas in Verzug geraten, in Le Mans eigentlich ganz gefährlich, schließlich sind das eh die spätesten Rennstarts und das Mitte Oktober. Lenz auf Pole, Lohr daneben, hinter den beiden Deutschen ihr MAN-Markenkollege Janiec. Der Franzose ist bekanntlich nicht zimperlich, und so gab es den etwas engeren Kontakt mit Ellen Lohr schon gleich nach dem Start. Etwa zwei Kilometer später, am Ende der kurzen Gegengeraden, wollte Janiec offensichtlich mit aller Macht an Polesetter Lenz vorbei. Den Geschwindigkeitsüberschuss konnte man förmlich ahnen. So musste der Lenz-MAN als Bremsklotz herhalten, der orangefarbene Truck wurde dabei gedreht, Janiec konnte außen vorbei, doch in dem Moment krachte schon Ellen Lohr mit ihrem Truck in das Lenzsche Gefährt. Lohr und Lenz hingen nicht nur im Kies fest, sie waren letztendlich gar nicht mehr in der Lage, sich noch aus eigener Kraft überhaupt zu bewegen.
Rote Flagge, Rennabbruch und dann dauerte es, bis die Trucks abgeschleppt worden waren, bis die Strecke gereinigt war, bis es endlich weitergehen konnte. Zwischenzeitlich waren schon die Scheinwerfer eingeschaltet worden, der Circuit Bugatti ist ja schließlich auch nachttauglich. Der Neustart erfolgte in der ursprünglichen Aufstellung, da ja noch keine Rennrunde gefahren worden war. Man lag mittlerweile eine dreiviertel Stunde hinter dem eigentlichen Zeitplan. Da die beiden aus der ursprünglichen ersten Startreihe nicht mehr dabei waren, bildeten nun Janiec und Stefanie Halm die erste Reihe, der Franzose quasi auf Pole. Aber dieser Versuch ein Rennen zu fahren, ging schon auf der Startgeraden in die Hose.
Hinter Halm lag Lacko, und irgendwie schien der Tscheche nicht in die Puschen zu kommen, später hieß es, bei dem Freightliner sei kein Gang mehr rein gegangen. Die weiter hinten liegenden Piloten erkannten das Hindernis scheinbar viel zu spät. Zunächst war wohl Kleinnagelvoort auf den Buggyra Freightliner gekracht, und dann gab es eine Kettenreaktion.
Natürlich wurde auch hier sofort abgebrochen, und nachdem sich der erste Staub und Dreck gelegt hatte, bot sich den vollbesetzten Tribünen ein wüster Trümmerhaufen. Die Fahrer kamen zum Teil nicht mehr von selbst aus ihren Cockpits, so sehr hatten sich die Kabinen verzogen und verklemmt. Und wieder dauerte es, und wieder gab es einen Neustart entsprechend der ursprünglichen Startaufstellung, jetzt hing man schon eineinviertel Stunden hinter dem Zeitplan. Das Feld war massiv zusammengeschrumpft, von ursprünglich einmal 16 RaceTrucks waren noch acht übrig geblieben. Und von denen hatte der Iveco von Körber einige technische Probleme. Nach Dreiviertel des Rennens hatte „Mr. Truckracing“ mit seinem Dienstwagen denn auch ein Einsehen und bog in die Boxengasse ein. Da niemand mehr da war, war ihm der 8.Platz somit ja sicher.
Janiec hatte gleich die Führung übernommen, Halm rückte ihm zwar einige Male – besonders in der Schlussphase – gehörig auf die Pelle, doch es war offensichtlich, dass niemand mehr gewillt war, noch ein besonderes Risiko einzugehen.
An dritter Position lag Reinert, der immer mal wieder den Atem seines Reinert Adventure-Teampartners Hahn im Nacken spürte. Letztendlich boten die Truckracer dann doch ein Spektakel für die Fans, die so lange hatten warten müssen. Aber es war schon beeindruckend, wie sie, zu der Gruppe zählte auch noch Kiss, immer wieder gegenseitig bis auf wenige Zentimeter an die Karosserie fuhren, ohne sich auch nur im Geringsten weh zu tun. Hinter Kiss belegte Forman den 6. Platz vor dem von den Fans umjubelten MAN Piloten Eduardo Rodrigues (POR). Körber hatte als Achter die Ziellinie ja nicht mehr passiert.
Die Teamwertung ging erneut, man möchte fast meinen, wie sollte es auch anders sein, an Reinert Adventure (Hahn / Reinert) – im Übrigen das einzige Team, von dem beide Trucks das Ziel gesehen haben. Den 2. Platz holte sich Lion Racing-Lenz (Janiec / Lenz) vor WOW! WomenOnWheels (Lohr / Halm). Hahn stand ja schon als Meister fest, Lacko holte keine neuen Punkte, und so konzentrierte sich alles darauf, wie der Kampf um den dritten Platz denn weitergehen würde.
Und darein platzte dann die Mitteilung, dass Janiec wegen Nichteinhaltens der „Driving Standards“ vom Rennen ausgeschlossen worden ist. So hätten die drei Hahn-Trucks das Podium gebildet, und auch das Teampodium hätte anders ausgesehen. Reinert liegt also weiter mit nun 240 Punkten auf dem dritten Platz der Gesamtwertung gefolgt von Halm (221), Kiss (216) und Janiec (196).
Quelle: www.truckracing.de
Bilder vom Samstag
„Die Bilder vom Samstag aus Frankreich.“
From 09. LeMans – Samstag. Posted by Reinert Racing on 10/08/2016 (59 items)
Generated by Facebook Photo Fetcher 2