Mit großer Spannung sieht die Truckracing-Gemeinde dem Saisonauftakt zur FIA European Truck Racing Championship am kommenden Wochenende auf dem Red Bull Ring im österreichischen Spielberg entgegen. Nachdem Champion Norbert Kiss in der Winterpause zu tankpool24 gewechselt ist, fragt sich die Truckracing-Welt, wird der Ungar dort fortfahren, wo er im letzten Jahr aufgehört hat. Teamchef Markus Bauer hat mit Stefan Honens einen der erfolgreichsten und erfahrensten RaceTruck-Konstrukteure verpflichtet, doch ist die durch den letztjährigen Champion-MAN gesetzte Messlatte extrem hoch, und die Zeit in der Winterpause war recht knapp. So darf man auch nicht überrascht sein, wenn Kiss anfangs noch nicht wieder Dauergast auf dem Podium sein sollte. Mit Antonio Albacete und David Vrsecky, beide mehrfache Titelträger, haben zwei der ganz Großen das RaceTruck-Cockpit verlassen. Vrsecky hat bei seinem tschechischen Team Buggyra International neue Aufgaben übernommen, fährt unter anderem Truck-Rennen in Asien und engagiert sich ja auch im Buggyra Dakar Team. Albacete hat sein ganzes Equipment verkauft, nachdem sich der „lebenslange“ Hauptsponsor Cepsa aus dem Motorsport zurückgezogen hat. Dennoch kann man sich durchaus vorstellen, dass der Spanier und auch Tscheche gelegentlich doch mal wieder als Gaststarter im RaceTruck-Cockpit sitzen werden. Die Truckracing-Gemeinde der Aktiven ist ja eng verknüpft, entsprechende Kontakte bestehen also permanent. Und so wird man ja vielleicht doch noch mal die Namen Albacete und Vrsecky bei dem einen oder anderen Rennen auf der Starterliste finden können. Von den TOP Five der letzten Saison sind nun allein noch Jochen Hahn und Adam Lacko dabei. Beide gelten auch als die ernsthaftesten Titelanwärter, für Hahn wäre es der vierte, für Lacko der erste. Sowohl der Deutsche als auch der Tscheche haben während der beiden großen Tests im tschechischen Most eifrig ihre Runden gedreht, ließen sich dabei aber nicht in die Karten schauen. MAN-Pilot Hahn selbst rechnet aber auch gerade mit seinem Teamkollegen René Reinert – Reinert Adventure – als harten Konkurrenten beim Kampf um die Punkte. „René hat ein nahezu komplett neues und extrem schnelles Auto,“ so Hahn – er muss es wissen, schließlich hat er den MAN gebaut und der RaceTruck wird im Wesentlichen auch von seinen Mitarbeitern betreut. Und der Lausitzer Unternehmer fahre ja im fünften Jahr in der FIA ETRC, er habe unheimliche Fortschritte gemacht. Hahn sieht in Reinert einen Anwärter für das Podium in der Gesamtwertung. Den dritten MAN aus den Hahnschen Werkstätten fährt wieder Steffi Halm für Reinert Racing. Die junge Deutsche bekommt ein neu aufgebautes Rennfahrzeug, der Truck, mit dem sie im letzten Jahr den ersten Damen-Sieg in der FIA ETRC eingefahren hatte, war ja nach England verkauft worden. Zusammen mit ihrer Landsmännin Ellen Lohr fährt Steffi im Team WOW! Women on Wheels um FIA-Punkte. Die Grand Dame des Truckracing ist weiterhin im MAN von Truck Sport Bernau unterwegs. In Spielberg muss Ellen allerdings noch auf ihre Teamkollegin verzichten, da Reinert Racing hat für Steffis MAN für Red Bull Ring den Joker gesetzt. Eine nicht unbedingt erwartete Teamkonstellation bilden Anthony Janiec und Sascha Lenz. Die beiden MAN-Piloten haben zueinander gefunden, nachdem Janiecs letztjähriger Partner Kiss zu tankpool 24 gewechselt war. Dort fährt der Ungar nun natürlich mit dem zweiten Mercedes-Piloten André Kursim in der Teamwertung. Lion-Teamchef Patrick Foleas suchte also für Janiec einen neuen Partner und fand ihn in Sascha Lenz. Der junge Mann aus der Eifel war bisher als „Race-by-Race“ solo unterwegs. Auch Lacko hat mit seinem Landsmann Jiri Forman, der ja Vrseckys Cockpit im Freightliner übernommen hat, einen neuen Partner, mit dem er natürlich auch den Teamtitel für Buggyra verteidigen will. Neben diesen zehn Pilotinnen und Piloten, die eben auch im Teamchampionat Punkte sammeln, sind ja noch vier Solisten als „Full-Season“ in dieser Saison am Start, allesamt Urgesteine des Truckracing. Nachdem Gerd Körber mit dem Iveco des Schwabentruck-Teams in den letzten Jahren sich auf „Race-by-Race“-Starts beschränkt hatte, will der dreimalige Europameister nun noch einmal durchstarten und wieder eine komplette Saison Punkte sammeln. Noch länger dabei als der Deutsche ist Frankie Vojtisek aus Tschechien, der ja vor einigen Jahren von Renault auf MAN umgestiegen ist. Schon immer MAN gefahren ist Eduardo Rodrigues. Der Portugiese, von dem es heißt, er ziehe sich nach und nach aus seinem LKW-Handel zurück, scheint im Truckracing noch einiges vorzuhaben. Schließlich war er es, der Albacetes komplettes Equipment gekauft hat. Das Quartett der Solisten vervollständigt Erwin Kleinnagelvoort, der Holländer hält weiterhin Scania die Treue. Für den Saisonauftakt sind mit Lokalmatador Markus Altenstrasser, der den zweiten Schwabentruck-Iveco pilotiert, sowie den beiden MAN-Piloten Ryan Smith (GBR) und Thomas Robineau (FRA) auch noch vier Race-by-Race-Piloten gemeldet. Wer von all denen am Sonntagabend die meisten Punkte auf seinem Konto haben wird, darüber kann man vorab nur rätseln. Und genauso kann rätseln, wie das Wetter am Rennwochenende sein wird. Die Vorhersage ändert sich täglich. Waren vor einigen Tagen für den Red Bull Ring noch Nachttemperaturen von minus sieben Grad prognostiziert worden, so klingt es momentan etwas entspannter. Am Freitag und Samstag soll es bei leichter Bewölkung trocken bleiben, für den Sonntag ist allerdings – derzeit noch – eine Regenwahrscheinlichkeit von 60 Prozent angesagt. Nachts sollen sich die Temperaturen um den Gefrierpunkt herum bewegen und tagsüber auf 12 bis Grad 15 steigen. Die Teams, die schon zum Red Bull Ring angereist sind, haben jedenfalls schon alles erlebt: Schneefall, Regen- und Graupelschauer – und gelegentlich auch strahlenden Sonnenschein.
Quelle: www.truckracing.de